News von Nefu Schweiz
NEFU News Oktober 2014 von Denise Kramer-Oswald
„Was man gibt, geht nicht verloren“ Anais Nin
Vor einigen Monaten habe ich das Buch "Geben und Nehmen. Erfolgreich sein zum Vorteil aller" von Adam Grant gelesen (ISBN: 3426276208). Der Autor ist Organisationspsychologe und Professor an der renommierten Wirtschaftsfakultät der University of Pennsylvania. Er forscht seit Jahren zum Thema Motivation und Produktivität und hat dabei bemerkenswerte Entdeckungen gemacht, die sich auch auf NEFU übertragen lassen.
Ausgehend von der Unterteilung Berufstätiger in Nehmende (Taker), Vergleichende (Matcher) und Gebende (Giver) belegt er anhand zahlreicher Fallstudien, dass Gebende langfristig oben schwimmen, und Nehmende für die (kurzfristigen) Erfolge früher oder später die Zeche zahlen. Die guten Typen schaffen es auf der Karriereleiter überdurchschnittlich oft bis ganz nach oben. Menschen, die ohne Gegenleistung geben, die Freunden helfen und Fremden Ratschläge anbieten, schauen darauf, was andere brauchen und wie sie ihnen helfen können. Sie teilen ihr Wissen, ihre Energie, ihre Verbindungen - und sind gerade deswegen erfolgreich.
Ein wichtiger, wenn nicht der zentrale Aspekt im Netzwerk ist der Grundsatz von Geben und Nehmen.
Zwar helfen gewiss auch Nehmende - aber nur dann, wenn sie sich einen direkten Vorteil versprechen. Sie verhalten sich also ganz anders als die Gebenden. Denn wer Geben mit der Erwartung auf eine möglichst umgehende Gegengabe verbindet, wird häufig bitter enttäuscht. Erfolgreiche Gebende dagegen versuchen immer zu helfen, auch wenn sie daraus keinen unmittelbaren Nutzen ziehen. Mit der Zeit hat das zur Folge, dass sie ein großes Netzwerk an Menschen haben, die sich mit ihnen verbunden fühlen. Viele dieser Menschen haben andere Interessen, Hintergründe und Berufe und gewähren dadurch Zugang zu anderen Ressourcen und Sichtweisen. Die meisten der Verbindungen sind zwar eher locker, doch "während enge Kontakte verpflichten, bauen lose Kontakte die Brücken", meint Adam Grant.
Neben ihrer Art zu netzwerken profitieren Gebende von weiteren Erfolgsfaktoren: Die Zusammenarbeit mit ihnen ist leichter als mit anderen, da sie sich in die Lage des Gegenübers versetzten, weil ihnen sein Wohl wichtig ist. Das macht den Umgang und die Geschäftsbeziehung mit ihnen angenehm. Auch ihre Art zu verhandeln unterscheidet sich signifikant: während die Nehmenden besonders selbstsicher auftreten und versuchen, möglichst viele ihrer Interessen durchzudrücken, hören Gebende zu und sprechen von sich aus auch eigene Problemfelder an. Sie wollen ein Ergebnis, das alle zufriedenstellt. Auf den ersten Blick schwächt das ihre Verhandlungsposition, aber es steigert ihren Ruf. Noch während der Verhandlung bekommt der andere Respekt: Da ist jemand ehrlich mit mir. Wer sich also dauerhaft um das Wohl anderer sorgt, beweist Einfühlungsvermögen, Gelassenheit und Intelligenz. Diese Eigenschaften versetzen uns in die Lage, wirkungsvoll Hilfe zu leisten und Ressourcen nicht zu verschwenden. Das schafft Vertrauen und stärkt nebenbei auch das Selbstwertgefühl: Die Angst, ausgenutzt zu werden, schwindet und weicht echter Souveränität.
Idealerweise kennen Gebende auch ihre Grenzen und lassen sich nicht ausbeuten. Grant umschreibt das diplomatisch: "Eigeninteresse und Fremdinteresse sind keine Gegensätze, sondern zwei völlig unabhängige Faktoren." Das Geheimnis der erfolgreichen Gebenden liege in der Kombination: Sie verfolgten sowohl das Fremdinteresse als auch das Eigeninteresse.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen mehr Mut zum Geben!
Herzlichst, Denise Kramer-Oswald
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